Halbleitertechnologie von A bis Z

Alles über Halbleiter und die Waferfertigung

1. Prinzip

Das Prinzip beim Nassätzen ist die Umwandlung des festen Materials der Schicht in flüssige Verbindungen unter zu Hilfenahme einer chemischen Lösung. Die Selektivität ist sehr hoch, da die eingesetzten Chemikalien genau auf die vorhandenen Schichten abgestimmt werden können; sie beträgt bei den meisten Lösungen mehr als 100:1.

2. Anforderung

Folgende Anforderungen müssen von den chemischen Lösungen erfüllt werden:

  • die Maskierschicht darf nicht angegriffen werden
  • die Selektivität muss hoch sein
  • die Ätzung muss durch Verdünnung mit Wasser gestoppt werden können
  • es dürfen sich keine gasförmigen Reaktionsprodukte bilden, da die Bläschen vereinzelt Bereiche abschatten können
  • konstante Ätzrate über lange Zeit
  • die Reaktionsprodukte müssen direkt gelöst werden, damit keine Partikel die Ätzlösung verunreinigen
  • gute Umweltverträglichkeit und leichte Entsorgung

3. Tauchätzung

Beim Tauchätzverfahren wird eine ganze Horde mit Wafern auf einmal in einem Becken mit der Ätzlösung prozessiert. Durch Filter und Umwälzpumpen werden Partikel von den Wafern ferngehalten. Da die Konzentration der Ätzlösung mit zunehmender Menge an bearbeiteten Scheiben abnimmt, muss sie oft erneuert werden.

Die Ätzrate, also der Materialabtrag pro Zeit, muss genau bekannt sein, um reproduzierbare Ätzungen durchführen zu können. Eine exakte Temperierung der Ätzlösung ist erforderlich, da die Ätzrate der meisten chemischen Lösungen mit der Temperatur zunimmt.

Tauchätzanlage

Die Hebevorrichtung kann die Horde waagerecht und senkrecht transportieren. Nachdem die Wafer geätzt wurden wird die Ätzung auf den Wafern durch Spülen in mehreren Tauchbecken gestoppt; anschließend kommen die Wafer in eine Trockenschleuder.

Die Vorteile der Tauchätzung sind die hohe Durchsatzrate an Wafern und der relativ einfach Aufbau der Ätzanlagen. Die Homogenität des Schichtabtrags ist jedoch gering.

4. Sprühätzung

Die Sprühtechnik ist vergleichbar mit der Sprühentwicklung in der Fototechnik. Durch die Rotation auf dem Chuck unter stetiger Zugabe frischer Ätzlösung ist die Homogenität sehr gut. Bläschen können sich hier auf Grund der schnellen Drehung nicht bilden, jedoch ist auch hier der Nachteil, dass jeder Wafer einzeln prozessiert werden muss.

Alternativ zu der sequentiellen Prozessierung gibt es auch die Sprühätzung mehrerer Horden gleichzeitig in einer Trommel, bei der die Wafer schnell um die Sprühvorrichtung im Zentrum kreisen. Direkt im Anschluss werden die Scheiben unter Rotation in heißer Stickstoffatmosphäre getrocknet.

Sprühätzung

5. Anisotrope Siliciumätzung

Obwohl in einer Ätzlösung die Teilchen in der Flüssigkeit die Schicht auf dem Wafer in jeder Richtung abätzen können gibt es auch Verfahren, mit denen man bei der Nassätzung ein nahezu anisotropes Ätzprofil erhält. Dabei nutzt man die unterschiedliche Ätzrate auf den verschiedenen Kristallstrukturen aus. 100- und 110-orientierte Kristallebenen lassen sich deutlich schneller abtragen als 111-orientierte Kristalle, so lassen sich V-Gräben (100-Si) oder senkrechte Wände (110-Si) ätzen. Die Ätzung erfolgt mit Kali-, Natron- oder Lithiumlauge (KOH, NaOH, LiOH) oder mit einer EDP-Lösung (ein Gemisch aus Wasser, Pyrazin, Brenzkatechin und Ethylendiamin). Verantwortlich für die Reaktion ist in jedem Fall die OH--Gruppe (Hydroxidgruppe) der Stoffe:

Si + 2H2 + 2OH-SiO2(OH)22- + 2H2

Anisotrop wirkende Ätzlösungen sind für mikroelektronische Schaltungen jedoch uninteressant.

6. Ätzlösungen für isotrope Ätzungen

Für die jeweiligen Materialien stehen unterschiedliche Ätzlösungen zur Verfügung. Oxidschichten werden in der Halbleiterindustrie mit Flusssäure HF geätzt:

SiO2 + 6HFH2SiF6 + 2H2O

Die Lösung wird dabei mit NH4F gepuffert um die HF-Konzentration konstant zu halten. Bei einer Mischung aus einer 40-prozentigen NH4F-Lösung und 49-prozentigen Flusssäure (Verhältnis 10:1) beträgt die Ätzrate bei thermischem Oxid 50 nm/min. TEOS-Oxide werden mit ca. 150 nm/min und PECVD-Oxide mit ca. 350 nm/min deutlich schneller geätzt. Die Selektivität gegenüber kristallinem Silicium, Siliciumnitrid und Polysilicium ist wesentlich größer als 100:1.

Siliciumnitrid wird mit heißer Phosphorsäure H3PO4 geätzt. Dabei ist die Selektivität zu SiO2 jedoch mit 10:1 sehr gering. Bei Polysilicium wird die Selektivität zum Nitrid im Wesentlichen vom Gehalt der Phosphorsäure bestimmt.

Kristallines und polykristallines Silicium, werden zunächst mit Salpetersäure (HNO3) oxidiert, das Siliciumdioxid wird dann mit Flusssäure geätzt:

1. 3Si + 4HNO33SiO2 + 4NO + 2H2O
2. SiO2 + 6HFH2SiF6 + 2H2O

Aluminium wird bei ca. 60 °C mit einer Mischung aus Salpeter- und Phosphorsäure geätzt, Titan mit einer Lösung aus Ammoniakwasser NH4OH, Wasserstoffperoxid (Titmus, H2O2) und Wasser (Verhältnis 1:3:5). Da die Lösung auch Silicium angreift wenn das Peroxid verbraucht ist, ist die Standzeit der Lösung gering.

Generell eignet sich das nasschemische Ätzen für das abtragen kompletter Schichten auf einem Wafer. Die Selektivität von der zu ätzenden Schicht zu der darunter liegenden ist meist sehr gut, so dass keine Gefahr besteht falsche Schichten abzutragen. Zudem ist der Abtrag pro Zeiteinheit sehr hoch, in Tauchätzverfahren lassen sich viele Scheiben gleichzeitig ätzen. Bei kleinen Strukturen kann die Nassätzung jedoch nicht eingesetzt werden, da das isotrope Ätzprofil dafür nicht geeignet ist. In diesem Fall werden die Schichten mit Trockenätzverfahren anisotrop abgetragen.